Scheinargument: Der Gesandte Allahs (saws) hat Abdullah Ibn Ubay, der seine Frau A’ischah der Unzucht bezichtigte, nicht bestraft

Die falschen Gelehrten behaupten:

»Als A’ischah (ra), die Frau des Propheten (saws), von Abdullah Ibn Ubay Ibn Salul der Unzucht bezichtigt wurde, wandte der Gesandte Allahs (saws) an ihm nicht die Strafe eines Verleumders an. So hat er nicht mit dem gerichtet, was Allah (swt) herabgesandt hat.«

Antwort:

Wer diese Behauptung vorbringt, hat den Gesandten Allahs (saws) schlimm verleumdet und Kufr begangen. Denn der Gesandte Allahs (saws) wurde zu der Menschheit gesandt, um mit dem zu richten, was Allah (swt) herabgesandt hat. Es ist unmöglich, dass er mit etwas anderem gerichtet hätte.

Der Gesandte Allahs (saws) sagte:

»Der Grund für die Vernichtung der vorangegangenen Völker war es, dass wenn einer ihrer Angesehenen Diebstahl beging, sie ihn nicht bestraften, doch bei einem Schwachen wandten sie die Strafe für Diebstahl an. Bei Allah, selbst wenn Fatimah, die Tochter Muhammads, Diebstahl begeht, würde ich ihr die Hand abschneiden.«[1]

Dr. Abdulaziz Ibn Abdullah al-Hamidi sagte in seinem Buch »Die Heuchler im Qur’an« folgendes:

»Die Gelehrten sind sich nicht einig, ob der Gesandte Allahs (saws) jene, die seine Frau der Unzucht bezichtigten, bestraft hat oder nicht. Einigen Gelehrten zufolge hat er sie nicht bestraft. Denn die Verleumdung war weder durch Beweise noch durch Geständnisse der Schuldigen nachgewiesen.[2] Nach Ansicht einiger Gelehrten wurden alle Verleumder außer Abdullah Ibn Ubay bestraft.[3] Diese Ansicht stützt sich auf die folgende Überlieferung:

A’ischah (ra) sagte:

›Als die Verse über meine Unschuld offenbart wurden, bestieg der Prophet (saws) die Kanzel und las diese Verse vor. Nachdem er von der Kanzel stieg, wurden zwei Männer und eine Frau mit der Strafe für Verleumdung bestraft.‹[4]

In der Übelieferung von Abu Dawud gibt es folgende Ergänzung:

›Als der Gesandte Allahs (saws) von der Kanzel herabstieg, befahl er die Bestrafung zweier Männer und einer Frau aufgrund ihrer Verleumdung. Diese waren Hassan Ibn Sabir, Mistah Ibn Usasa und Hamna bintu Dschahsch.‹

Diesem Hadith zufolge wurden drei Personen aufgrund von Verleumdung bestraft. Abdullah Ibn Ubay befand sich nicht unter diesen dreien. Den Grund dafür erklärt Qadi Iyad:

›Abdullah Ibn Ubay verleumdete nicht auf eine offenkundige Art, sondern wiederholte nur das, was gesagt wurde und erkundigte sich über die Angelegenheit. Deshalb wurde er nicht bestraft.‹[5]

Nach Ansicht einiger Gelehrter wurde Abdullah Ibn Ubay nicht bestraft, damit nicht gesagt wird, der Gesandte Allahs (saws) töte seine eigenen Anhänger und damit der Stamm von Ibn Ubay sich nicht davor scheute, in den Islam einzutreten.

Manche Gelehrte sagen, dass Abdullah Ibn Ubay nicht bestraft wurde, weil er ein Heuchler war. Denn die Strafe ist eine Sühne für die Muslime. Doch da er kein Muslim war, bestrafte ihn der Prophet (saws) nicht, damit seine Sünde nicht vergeben wird.

Ibnu’l Qayyim zitierte diese beiden Ansichten, bevorzugte jedoch die Zweite.[6]

Manchen Gelehrten zufolge wurde Abdullah Ibn Ubay wie die anderen Verleumder bestraft.

Said Ibn Dschubay (ra) sagte:

›Der Gesandte Allahs (saws) bestrafte Hasan Ibn Thabit, Abdullah Ibn Ubay Ibn Salul, Mistah Ibn Uthathah und Hamna bintu Dschahsch mit jeweils 80 Stockschlägen, weil sie A’ischah verleumdeten. Bis auf den Führer der Heuchler, Abdullah Ibn Ubay, haben alle Schuldigen ihre Tat bereut. Abdullah Ibn Ubay starb jedoch als Heuchler.‹[7]

Ibn Hadschar al-Haytami sagte:

›Dieser Hadith wurde von Tabarani überliefert. In der Überlieferungskette befindet sich Ibn Luhayya, welcher hinsichtlich Überlieferung schwach ist. Die anderen Überlieferer sind vertrauenswürdig.‹[8]

Ferner:

›Abdullah Ibn Ubay gehörte zu denen, die aufgrund von Verleumdung mit Stockschlägen bestraft wurden.‹[9]

Aufgrund dieser beiden Überlieferun­gen ist dies die stärkste Ansicht. Denn die letzten beiden Überlieferungen unterstützen sich gegenseitig, auch wenn sie auf Mursal-Wege überliefert wurden.

Dem von Tirmidhi, Ibn Madschah und Abu Dawud überlieferten Hadith zufolge hat der Gesandte Allahs (saws) die oben erwähnten drei Personen aufgrund ihrer Verleumdung mit der Strafe für Verleumdung bestraft. Wenn der Prophet (saws) gegen diese Drei die Strafe verhängte, so bedeutet es, dass er alle bestraft hat, die seine Frau verleumdet hatten.

Die Ansicht, dass der Gesandte Allahs (saws) ihn nicht bestraft hat, damit nicht gesagt wird, er töte seine eigenen Anhänger und damit der Stamm von Ibn Ubay sich nicht davor scheute, in den Islam einzutreten, ist inakzeptabel. Denn entweder hat er seinen Kufr offen zugegeben und hätte somit als Murtad bestraft werden müssen. Oder er verheimlichte seine Heuchelei und sein Kufr war nicht bekannt. Wäre er in so einem Zustand getötet worden, hätte sich Zwietracht ausbreiten können.

Derjenige, dessen Schuld bewiesen ist, muss wie alle anderen Muslime auch für seine Schuld bestraft werden. Stünde die Schuld von Abdullah Ibn Ubay fest und wäre er deshalb bestraft worden, gäbe es keinen Nährboden für Zwietracht. Im Gegenteil, ihn nicht zu bestrafen wäre der wahre Grund für das Entstehen von Zwietracht gewesen, da die Menschen behaupten könnten: ›Der Gesandte Allahs (saws) hat die Strafe Allahs (swt) nicht angewendet.‹

Wo doch der Gesandte Allahs (saws) über den Grund der Vernichtung vorangegangener Völker sagte:

›Wenn die Angesehenen eine Straftat begingen, so bestraften sie diese nicht, begingen jedoch die Schwachen eine Straftat, bestraften sie sie.‹«

(Ende des Zitats)[10]

Sollte über Abdullah Ibn Ubay nicht die Strafe des Verleumders verhängt worden sein, dann nur, weil er nicht offenkundig eine Verleumdung beging, d.h. er wurde nicht bestraft, da es nicht feststand, dass er der Verleumdung schuldig war. Denn wenn die Schuld nicht feststeht, werden die Strafen nicht ausgeführt.


[1] Bukhari, Muslim

[2] Diese Ansicht berichtet Ibn Hadschar von Mawardi im Buch Fathul Bari Band 8, Seite: 479.

[3] Diese Ansicht zitierte Ibnu’l Qayyim im Buch Zadul Ma’ad Band: 2, Seite: 114-115.

[4] Tirmidhi, Ibn Madschah, Abu Dawud

[5] Fathu’l Bari, Band: 8, S. 481

[6] Zad’ul Mead, Band: 2, S. 115

[7] Tabarani

[8] Mamauzzawaid Band: 7, S. 80

[9] Fathu’l Bari Band: 8, S. 481

[10] Die Heuchler im Qur’an, S.294-296