Der Dschihad

Allah (swt) sagt: 

»Wir werden denjenigen, die (mit ihrem Besitz und ihrem Leben) den Dschihad auf Unserem Weg ausführen, gewiss Erfolg verleihen, indem Wir sie auf Unseren richtigen Weg führen. Und gewiss, Allah ist mit den Muhsinin (die von allen Arten des Schirk fern sind und aufrichtig in der Anbetung Allahs, in der Gehorsamkeit und im Dschihad mit ihrem Besitz und Leben auf Seinem Weg sind) zusammen (Er hilft ihnen, festigt sie auf der Rechtleitung und führt sie zum Sieg über ihre Feinde)[1]

Je mehr ein Mu’min auf dem Weg Allahs Dschihad führt, desto mehr befindet er sich auf der Rechtleitung. Der Dschihad besteht nicht nur aus dem Kampf mit der Waffe. Obwohl der Dschihad mit Waffen in Mekka zur Pflicht erklärt wurde, haben die Muslime aufgrund der Methode der islamischen Bewegung nicht sofort diesen Kampf begonnen. Denn bevor man den Dschihad mit Waffen führt, müssen zuerst die unten angeführten 6 Punkte erfüllt werden. Solange man hierbei nicht siegreich wird, ist es unmöglich, im Dschihad mit Waffen siegreich zu werden. 

Erstens: Der Dschihad gegen den Nafs 

Der größte Feind des Mu’min ist sein eigener Nafs. Denn dieser bevorzugt jene Dinge, die bequem, leicht und untersagt sind, wohingegen ihm die islamischen Pflichten schwer fallen. 

Allah (swt) sagt: 

»O Mein Gesandter! Gewiss, Wir werden dir (aufgrund der darin enthaltenen Befehle, Verbote, Strafen und anderer wichtiger Dinge) bedeutende und schwere Worte, den Qur’an, offenbaren.«[2]

Die Verantwortungen, die Allah (swt) Seinen Dienern auferlegt, sind entsprechend ihrer Kraft. 

Allah (swt) sagt: 

»Allah erlegt keinem Menschen eine Last auf, die er nicht tragen kann.«[3]

Derjenige, der die Befehle Allahs kennt oder daran erinnert wird und dennoch seine Handlungen nicht anpasst, sondern sagt: »Das fällt mir schwer« oder »Ich kann es nicht ausführen«, ist seinem Nafs verfallen und wurde von ihm besiegt. 

Diejenigen, die mit ihren Aussagen oder Taten zeigen, dass sie nicht in der Lage sind, sich vor den Verboten Allahs (swt) fernzuhalten und Seine Befehle auszuführen, sind im Kampf keine vertrauenswürdigen Partner. Wenngleich sie behaupten, sie würden sich dem Dschihad mit Waffen, ohne zu zögern anschließen, wenn es darauf ankommt und würden niemals davor weglaufen, so zeigt ihre Schwäche in Bezug auf den Kampf mit dem eigenen Nafs, dass ihre Worte keinerlei Tragkraft besitzen und somit unglaubwürdig sind. 

Diejenigen, die an die Urteile Allahs glauben, diese jedoch nicht ausführen, haben gegenüber ihrem Nafs verloren. Sie akzeptieren die Urteile und lehnen sie nicht ab, führen diese aber auch nicht aus. Es ist möglich, dass ein Mu’min vereinzelt schwächelt und seinem Nafs nachgibt. Doch wenn er wieder zu sich kommt, muss er sich fest vornehmen, diese Niederlage nicht wieder einzustecken. 

Der Dschihad gegen den Nafs lässt sich in vier Stufen unterteilen: 

a) Der Dschihad gegen den Nafs, um die Rechtleitung und die Wahrheit zu erlernen. Diese Stufe ist die Voraussetzung dafür, dass der Nafs sowohl im Diesseits als auch im Jenseits Glückseligkeit erfahren kann. 

b) Der Dschihad gegen den Nafs, um die Wahrheit zu praktizieren. 

c) Der Dschihad gegen den Nafs, um die praktizierte Wahrheit zu verkünden. 

d) Der Dschihad gegen den Nafs, um das Leid, das bei der Verkündung eintrifft, geduldig ertragen zu können. 

Zweitens: Der Dschihad gegen die Lust und Laune 

Die Lust und Laune, Wünsche und Gedanken können ebenso Feinde des Menschen sein, sofern sie im Widerspruch zum Qur’an und zur Sunnah stehen. Jene, die, wenn sie an den Qur’an und die Sunnah erinnert werden, sagen: »Meiner Meinung nach sollte es nicht so sein, sondern eher so…« oder die solche Gedanken aussprechen, die den Urteilen des Qur’an und der Sunnah widersprechen, sind keine Muslime, sondern Kuffar, die ihrer Lust und Laune folgen. 

Jene, die etwas tun wollen und diesbezüglich nicht das Urteil Allahs recherchieren; oder die die Nachforschung aufgeben, um keinen Widerspruch zu ihren eigenen Taten zu finden; oder denen eine Nachforschung gleichgültig ist und die deshalb nach ihren eigenen Vorstellungen handeln, wurden von ihrer Lust und Laune besiegt und sind keine Mu’minun. Denn bevor der Mu’min einen Schritt geht, überprüft er, ob es mit dem Qur‘an und der Sunnah vereinbar ist. 

Drittens: Der Dschihad gegen den Schaytan 

Um die Menschen in die Irre zu leiten, nähert der Schaytan sich ihnen mit den unterschiedlichsten Methoden. Wie Blut bewegt er sich im Körper des Menschen. 

Der Gesandte Allahs (saws) sagte: 

»Der Schaytan bewegt sich im Körper des Menschen wie Blut.«[4]

Die erfolgreichste Methode des Schaytan ist das Ausschmücken dieser Welt und das Erwecken der Illusion, das Falsche sei das einzig richtige. Er flüstert jenen Menschen, die sich im Unrecht befinden, ein, sie seien im Recht, um sie auf dem falschen Weg zu festigen. Daher glauben selbst die Kuffar und die Muschrikun, sie seien auf dem rechten Weg. 

Ein Mu’min muss die Herangehensweise und den Hinterhalt des Schaytan kennen, um sich vor der Falschheit schützen zu können. Denn nur wer den Feind kennt, ist in der Lage, sich vor ihm in Acht zu nehmen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. 

Der Dschihad gegen den Schaytan hat zwei Stufen: 

a) Der Dschihad gegen den Schaytan, um die Zweifel zu beheben, die er in die Herzen einflüstert und die dem Iman widersprechen. 

b) Der Dschihad gegen den Schaytan, um die Sünden zu meiden, zu denen er anregt.

Viertens: Der Dschihad gegen das Diesseits 

Im Diesseits streben die meisten Menschen nach Reichtum, Macht und Ruhm. Da die endlosen Gaben sich im Jenseits befinden, fällt es dem Menschen schwer, dafür zu arbeiten. Deshalb wenden sie sich dem Diesseits zu, weil sie denken, es sei ohne viel Aufwand zu bekommen. 

Allah (swt) sagt: 

»Der Grund, warum ihr die Auferstehung leugnet, ist der, dass ihr das schnell vergängliche diesseitige Leben und seine Gaben liebt. Und deswegen lasst ihr von den Dingen ab, die euch im Jenseits Erfolg verleihen werden (nämlich das Ausführen der Befehle Allahs und das Einhalten Seiner Verbote)[5]

Der Mu’min hingegen weiß um die Wertlosigkeit des Diesseits und nutzt es daher, um sich für den wahren Erfolg im Jenseits auszurüsten. 

Fünftens: Der Dschihad gegen die Kuffar und die Munafiqun 

Diese Art von Dschihad hat vier Stufen: 

a) Der Dschihad mit dem Herzen 

b) Der Dschihad mit der Zunge 

c) Der Dschihad mit dem Besitz 

d) Der Dschihad mit dem Körper 

Es ist die Pflicht eines jeden Muslim, zumindest den Dschihad gegen die Kuffar und die Munafiqun mit dem Herzen zu führen, sofern er nicht imstande ist, den Dschihad mit der Zunge oder dem Körper auszuführen. 

Gegen die Munafiqun wird der Dschihad meist mit der Zunge geführt. Der größte Dschihad jedoch gegen die Kuffar ist der mit dem Körper. Gegen den Nafs, die Lust und Laune und den Schaytan besteht für jeden einzelnen Muslim eine ständige und immerwährende Pflicht zum Dschihad. 

Die Pflicht, gegen die Kuffar und die Munafiqun den Dschihad mit dem Körper zu führen, entfällt nur dann für den einzelnen Muslim, wenn ausreichend Muslime vorhanden sind, die dieser Pflicht nachkommen.

Es ist somit eine Voraussetzung, dass diese fünf Arten des Dschihad geführt werden, um sich auf dem Weg Allahs (swt) befinden und die erstrebte Rechtleitung erlangen zu können. Der Sieg gegen diese Feinde bringt den Muslim näher zur Rechtleitung Allahs (swt), wohingegen die Niederlage ihn davon entfernt. Wer diese Feinde nicht besiegen kann, wird im offenen Kampf mit Waffen ebenfalls nicht siegen. 

Das Versprechen eines Mu’min beinhaltet den Dschihad gegen diese fünf Feinde und ebenso den Dschihad mit Waffen. Wird dieses Versprechen nicht erfüllt, so entfällt die Eigenschaft »Mu’min« und »Muhsin« und man wird mit der Eigenschaft »Lügner« beschrieben. Denn die Rechtleitung Allahs (swt) führt dazu, dass jede Form des Dschihad auf Seinem Weg durchgeführt wird. Nur auf diese Weise verdient man sich die Eigenschaft »Muhsin«.


[1] Al-Ankabut: 69

[2]     Al-Muzammil: 5

[3]     Al-Baqarah: 286

[4]     Muslim

[5]     Al-Qiyamah: 20-21