Das Verbotene erlauben

Allah (swt) sagt: 

»Gewiss, die Stellen der verbotenen Monate mit anderen Monaten zu tauschen, ist ein Kufr, den die Kuffar ihrem Kufr hinzufügen. Auf diese Weise werden sie (vom Schaytan) in die Irre geleitet. Sie erlauben in einem Jahr einige der verbotenen Monate und verbieten stattdessen einige erlaubte Monate. In einem anderen Jahr verbieten sie alle verbotenen Monate. Wenn sie einen der verbotenen Monate erlauben, verbieten sie stattdessen unbedingt einen erlaubten Monat, damit sich die Anzahl der verbotenen Monate nicht ändert. Indem sie den Monat erlauben, den Allah verboten hat, widersprechen sie dem Urteil Allahs. Der Schaytan ließ ihre Tat anziehend und ausgeschmückt erscheinen. Allah leitet das Volk der Kuffar nicht recht, das auf seinem Kufr beharrt.«[1]

In dieser Ayah teilt uns Allah (swt) mit, dass es eine Mehrung ihres Kufr ist, die Stellen der verbotenen Monate zu ändern und auf diese Weise ein Verbot Allahs zu erlauben. Etwas, das den Kufr mehrt, ist selbst Kufr. Demnach ist es Kufr, etwas zu erlauben, das Allah (swt) verboten hat. Dies geschieht auf drei Arten. 

1) Das Verbotene wird mündlich für erlaubt erklärt 

Genauso wie die in Taubah 37 beschriebenen Muschrikun die verbotenen Monate für erlaubt erklärt haben, indem sie während der Hadsch unter die Menschen gingen und mit lauter Stimme riefen, dass nächstes Jahr z.B. der Monat Muharram erlaubt wird und stattdessen der Monat Safar verboten wird. Ein Beispiel hierfür sind die heutigen Staatsleute, Minister und Abgeordnete, die einen Schwur leisten, den menschengemachten Systemen treu zu bleiben und diese zu respektieren. 

2) Das Verbotene wird schriftlich für erlaubt erklärt 

Die Schrift wird in vielen Angelegenheiten wie das gesprochene Wort gewertet, weshalb die folgende Fiqh-Regel entstand: 

»Die Schrift ist wie das Wort.«[2]

Im Islam ist beispielsweise der Zins, der Ehebruch, der Genuss von Alkohol, das Glücksspiel oder das freizügige Kleiden der Frauen in der Öffentlichkeit verboten. In den menschengemachten Gesetzen jedoch ist hierzu kein Verbot zu finden. Um das, was die Scharia verboten hat, für erlaubt zu erklären, muss man nicht unbedingt offen sagen, es sei erlaubt. Dass es den Menschen überlassen wird, ob sie diese Verbote begehen oder nicht, dass sie nicht dafür bestraft werden oder dass diese Verbote unter der Bedingung einer Steuerzahlung gestattet werden, ist dasselbe wie offen zu sagen, diese seien erlaubt. 

Die geschriebenen menschengemachten Gesetze, die das Verbotene erlauben, besitzen folgende Eigenschaften: 

a) Sie drängen dazu, das Verbotene zu begehen. 

Das offenkundigste Beispiel hierfür sind die Gerichte, die mit menschengemachten Gesetzen richten und die Muslime dazu drängen, vor diese Gerichte zu ziehen. 

b) Sie erlauben es, zu Unrecht Besitz und Leben eines Muslim zu verletzen. 

Versucht ein Muslim einen Herrscher abzusetzen, der mit menschengemachten Gesetzen regiert, ist er laut der menschengemachten Systeme schuldig und verdient den Tod. Vor den Gesetzen Allahs hingegen ist dieser Muslim ein großer Mudschahid und ein aufrichtiger Muwahhid, der das Urteil Allahs ausführen will. 

c) Sie erteilen Institutionen, die das Verbotene für erlaubt erklären, Genehmigungen. 

Die menschengemachten Systeme geben den Banken, den Wetteinrichtungen, den Bordellen sowie den Casinos und Gaststätten eine schriftliche Genehmigung. Eine Genehmigung zu erteilen bedeutet jedoch, etwas zu erlauben. 

d) Sie gestatten die Abtrünnigkeit. 

In den menschengemachten Gesetzen gibt es den folgenden Paragrafen: »Die Glaubensfreiheit steht unter Schutz.« Dieser Paragraf gibt jedem das Recht, vom Islam auszutreten, wann er will. 

e) Sie erachten es nicht als notwendig, jene Verbrechen zu bestrafen, für die der Islam eine Bestrafung vorsieht. 

In ihren Gesetzen findet sich folgender Paragraf: 

»Nur das, was das Gesetz als Schuld sieht, ist auch eine Schuld und wird bestraft.« 

Diesem Paragraf zufolge werden Männer und Frauen, die in gegenseitigem Einverständnis Unzucht begehen, nicht bestraft, denn dies gilt in ihren Gesetzen nicht als Verbrechen. So verhält es sich auch mit Alkohol und Glücksspiel. Obwohl diese Taten im Islam verboten sind, gelten sie in den menschengemachten Gesetzen als erlaubt.

3) Das Verbotene wird mit der Tat für erlaubt erklärt. 

Ob jemand mit der Tat ein Verbot erlaubt, erkennt man daran, dass er dies offenkundig ausdrückt und keine Möglichkeit existiert, es anders zu verstehen. Ist bei einer Person eine solche Tat zu sehen, so sagt man, dass sie ein Verbot für erlaubt erklärt hat. Sie muss nicht unbedingt sagen: »Ich sehe dieses Verbot als erlaubt an.«

Arbeiten beispielsweise Banken frei mit Zinsen, während dies von allen beobachtet wird und der Staat verhindert es nicht, sondern schützt es sogar, so zeigt dies, dass der Staat den Zins für erlaubt erklärt. Wenn ein Staat den Zins nicht verbietet oder dem Handel mit Zins freien Lauf gewährt, versteht man eindeutig, dass dieser Staat kein islamischer Staat ist, sondern ein Staat, der Allah (swt) den Krieg erklärt hat. Wäre es ein wahrer islamischer Staat, würde er den Zins verbieten und ihn niemals erlauben.

Ein anderes Beispiel hierfür ist die Eröffnung von Bordellen als gewöhnliche Arbeitsstellen, von denen Steuern eingenommen und die von der Polizei beschützt werden. Dies zeigt deutlich, dass der Staat die Unzucht für erlaubt erklärt. Beobachtet man derartiges in einem Staat, versteht man auf Anhieb und ohne jegliche Zweifel, dass dieser Staat niemals ein islamischer Staat sein kann, da er mit dieser Tat ein Verbot, nämlich die Unzucht, für erlaubt erklärt. 

Ein anderes Beispiel: Wenn in einem Staat die Frauen ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit spazieren können, wobei die Polizei dies zulässt und sogar jene bestraft, die versuchen, diese Frauen daran zu hindern, bedeutet es, dass dieser Staat das Verbot Allahs für Frauen, das Kopftuch in der Öffentlichkeit abzunehmen, für erlaubt erklärt. 

Zusammengefasst können wir folgendes sagen: 

Die menschengemachten Systeme haben die eindeutigen Verbote Allahs im Bewusstsein dessen, dass sie verboten sind, verbal, schriftlich und praktisch für erlaubt erklärt. Wer dies tut, hätte großen Schirk begangen und wäre aus dem Islam ausgetreten, unabhängig von seiner Absicht oder seinem Beweggrund. 

An dieser Stelle sollte auch folgendes betont werden: 

Die Behauptung, jemand, der ein Verbot Allahs für erlaubt erklärt, würde nur dann zu einem Muschrik werden, wenn er es mit dem Herzen tut, ist nicht richtig. Um ihn als Muschrik bezeichnen zu können, ist es nicht unbedingt notwendig, dass er mit dem Herzen das Verbotene erlaubt. Es genügt, dass er ein Verbot Allahs schriftlich oder mit seiner Tat für erlaubt erklärt. 


[1]     At-Taubah: 37

[2]     Al-Mughni / Scharhu’l Kabir, Band: 11, S. 326-327