Der Unterschied zwischen Islam und Iman

Im Qur’an und in der Sunnah werden die Begriffe Islam und Iman manchmal in derselben und manchmal in unterschiedlichen Bedeutungen benutzt. Die Salafi Salihin und die Gelehrten im Islam haben dieses Thema zur Genüge erklärt, weswegen wir uns hier mit einer Zusammenfassung dieses Themas begnügen. 

Erstens:

In einigen Qur‘an-Versen und Hadithen werden äußerliche Taten als Islam bezeichnet und innerliche Taten als Iman

Allah (swt) sagt: 

»Einige Beduinen, die zu Unserem Gesandten kamen, sagten: ›Wir haben den Iman (an Allah und Seinen Gesandten) angenommen.‹ O Mein Gesandter! Sag zu ihnen: ›Ihr habt den Iman noch nicht angenommen, denn der Iman ist noch nicht in eure Herzen eingedrungen (könnte es jedoch künftig noch tun).‹ Sagt zunächst nur: ›Wir haben uns deinem Befehl unterworfen.‹ Wenn ihr Allah und Seinem Gesandten gehorcht (durch das Annehmen des Iman in wahrer Bedeutung sowie das Ausführen guter Taten und die Abkehr von den Sünden), dann wird Allah von dem Lohn eurer Taten nichts vermindern. […]«[1]

Im bekannten Hadith über Dschibril (as) sagte Umar (ra): 

»Eines Tages, als wir uns bei Rasulullah (saws) befanden, kam zu uns ein Mann in strahlend weißen Kleidern und mit tiefschwarzem Haar. An ihm war kein Anzeichen einer Reise zu sehen und keiner von uns kannte ihn. Er setzte sich zum Gesandten Allahs (saws), lehnte seine Knie an dessen Knie, legte seine Hände auf dessen Knie und sagte: 

›O Muhammad! Was ist der Islam?‹ 

Der Gesandte Allahs (saws) antwortete: 

›Zu bezeugen, dass es keinen anbetungswürdigen Gott gibt außer Allah und dass Muhammad (saws) Sein Gesandter ist, die Gebete zu verrichten, die Zakah zu zahlen, im Ramadan zu fasten und, falls man die Kraft dazu hat, die Hadsch auszuführen.‹ 

Der Mann sagte: 

›Du hast richtig geantwortet.‹ 

Wir wunderten uns über ihn, weil er sowohl die Frage stellt als auch die Antwort bestätigt. 

Danach sagte er: 

›Was ist der Iman?‹ 

Der Gesandte Allahs (saws) sagte: 

›Dass du an Allah, an die Engel, an die Bücher, an die Propheten und die Gesandten, an den Jüngsten Tag und an den Qadar, dass er mit dem Guten und Schlechten von Allah kommt, glaubst.‹[…]«[2]

Ibn Umar (ra) sagte: 

»Ein Mann fragte den Gesandten Allahs (saws): 

›Welcher Islam ist der beste?‹ 

Der Gesandte Allahs (saws) antwortete: 

›Dass du andere speist und jeden grüßt, ob du ihn kennst oder nicht.‹«[3]

Der Gesandte Allahs (saws) wurde gefragt:

»Was ist der Islam?« 

Er antwortete: 

»Dass du andere speist und schöne Worte sagst.«

Er wurde gefragt: 

»Was ist der Iman?« 

Er antwortete: 

»Nachsichtig und geduldig zu sein.«[4]

Zweitens:

In einigen Qur‘an-Versen und Hadithen werden äußerliche Taten als Iman und innerliche Taten als Islam bezeichnet

Allah (swt) sagt: 

»(O ihr Beduinen, die ihr verbal euren Iman bekundet, obwohl in eurem Herzen kein Iman ist!) Wisset, die Mu’minun sind nur jene, die den Iman an Allah besitzen (indem sie Ihn in Seinem Wesen, Seinen Eigenschaften und Seinen Taten für einzig erklären) und an Seinen Gesandten (indem sie bestätigen, was er gebracht hat), hierauf niemals an diesem Iman zweifeln und mit ihrem Eigentum und Leben kämpfen, damit der Islam herrscht. Das sind jene, die die Wahrheit sprechen, wenn sie sagen, dass in ihrem Herzen der Iman ist.«[5]

Der Gesandte Allahs (saws) sagte: 

»Der Iman besteht aus mehr als siebzig oder sechzig Stufen. Die höchste ist die Aussage ›La ilaha illallah‹, die niedrigste ist das Entfernen störender Gegenstände vom Boden. Die Schamhaftigkeit gehört zu den Stufen des Iman.«[6]

Der Gesandte Allahs (saws) sagte zu der Delegation von Abd Ibn Qays: 

»Ich befehle euch, drei Dinge zu tun. Erstens, einzig an Allah (swt) Iman zu haben. Wisst ihr was der Iman an Allah bedeutet? ›La ilaha illallah‹ zu bezeugen, das Gebet korrekt zu verrichten, die Zakah zu zahlen, im Monat Ramadan zu fasten und von der Kriegsbeute ein Fünftel abzugeben. […]«[7]

Der Gesandte Allahs (saws) sagte:

»So wie die Wege Hinweise und Zeichen haben, hat auch der Islam Hinweise und Zeichen. Einige davon sind folgende: dass du den Iman an Allah annimmst und Ihm nichts beigesellst, das Gebet korrekt verrichtest, die Zakah zahlst, im Ramadan fastest, zum Hause pilgerst, das Gute befiehlst, das Schlechte untersagst, deine Familie grüßt, sobald du zu ihnen eintrittst, die muslimische Gemeinschaft grüßt, wenn du an ihr vorbeigehst. Wer eines davon unterlässt, hätte einen Teil vom Islam unterlassen, wer alles unterlässt, hätte den Islam verlassen.«[8]

Drittens:

In einigen Qur‘an-Versen und Hadithen werden die Begriffe Islam und Iman in derselben Bedeutung benutzt

Allah (swt) sagt: 

»Als über das Volk von Lut als Strafe Steine regnen sollten, haben Wir die Mu’minun von dort rausgebracht (um sie vor dieser Strafe zu schützen)[9]

Der Gesandte Allahs (saws) sagte: 

»Am Jüngsten Tag werden alle Taten kommen. Das Gebet wird kommen und sagen: 

›Mein Herr, ich bin das Gebet.‹ 

Allah (swt) wird zu ihm sagen: 

›Du bist etwas Gutes.‹ 

Die Spende wird kommen und sagen: 

›Mein Herr, ich bin die Spende.‹ 

Allah wird zu ihr sagen: 

›Du bist etwas Gutes.‹ 

Das Fasten wird kommen und sagen: 

›Mein Herr, ich bin das Fasten.‹ 

Allah wird zu ihm sagen: 

›Du bist etwas Gutes.‹ Hierauf kommen alle Taten einzeln und Allah wird zu ihnen sagen: 

›Du bist etwas Gutes.‹ 

Dann wird der Islam kommen und sagen: 

›Mein Herr, du bist Salam und ich bin der Islam.‹ 

Allah wird zu ihm sagen: 

›Du bist etwas Gutes, heute werde Ich dir gemäß nehmen und dir gemäß geben.‹«[10]

Damit die erwähnten Qur‘an-Verse und Hadithe sich nicht widersprechen, muss man den Islam und den Iman so verstehen, wie Imam Ibn Radschab es erklärt hat. 

Ibn Radschab sagte: 

»Werden die Begriffe Iman und Islam einzeln benutzt, haben sie dieselbe Bedeutung. Werden sie jedoch gemeinsam benutzt, haben sie zwei verschiedene Bedeutungen.«

Ferner: 

»Die meisten Gelehrten erklärten es auf diese Weise. So sagte beispielsweise Abu Bakr al-Ismailiyy in der Schrift, die er zu den Ahlu‘l Dschabal schickte, folgendes: 

›Viele Gelehrte der Ahlu‘s Sunnah wa‘l Dschama’a sagten, dass der Iman aus Wort und Tat besteht und der Islam die Ausführung der Pflichten Allahs bedeutet. Werden diese Begriffe zusammen erwähnt, in der Form von ›die Mu‘minun und die Muslime‹, sind ihre Bedeutungen verschieden. Werden sie einzeln erwähnt, sind ihre Bedeutungen identisch. Dann ist die Bedeutung von Iman dieselbe wie die Bedeutung von Islam. Diese Erklärung hat Khattabiyy im Buch Ma’alimu‘s Sunan erwähnt und viele Gelehrte haben seine Ansicht unterstützt.‹«

Ferner: 

»Von vielen Gelehrten der Salaf wurde überliefert, dass der Iman und Islam verschiedene Bedeutungen haben. Einige dieser Gelehrten sind Qatada, Dawud Ibn Abi Hind, Abu Dscha’far al-Bakr, az-Zuhri, Hammad Ibn Zaid, Ibn Mahdi, Scharik, Ibn Abi Zib, Ahmad Ibn Hanbal, Abu Huthayma, Yahya Ibn Mu’in und andere. Betrachten wir die Qur‘an-Verse und Hadithe gemäß dieser Erklärung, so besteht zwischen ihnen kein Widerspruch. 

Folgendermaßen, werden Islam und Iman getrennt voneinander erwähnt, gibt es zwischen ihnen keinen Unterschied, sie haben dieselbe Bedeutung. 

Werden sie zusammen erwähnt, gibt es einen Unterschied. Der Unterschied zwischen ihnen ist folgender: Der Iman ist die Bestätigung, die Aussage und das Wissen des Herzens. Der Islam ist, dass der Diener sich seinem Herrn unterwirft, sich Ihm ergibt und Seine Befehle ausführt.«[11]

Ibn Abi‘l ‘Izz sagte: 

»Wird der Islam einzeln erwähnt, bedeutet es, die Urteile aller Propheten zu bestätigen, sie wiederzugeben und zu akzeptieren.«[12]

Ferner: 

»Der islamischen Scharia zufolge kann der Iman nicht ohne Islam existieren. Um es noch deutlicher zu sagen; es ist nicht möglich, sich innerlich zu unterwerfen, ohne sich auch äußerlich zu unterwerfen.«[13]

Im Scharh zu al-‘Aqidatu‘t Tahawiyya steht folgendes: 

»Die Zusammenfassung dieses Themas ist wie folgt: 

Es gibt einen Unterschied, wenn Islam und Iman zusammen erwähnt werden und wenn sie getrennt voneinander erwähnt werden. Iman und Islam haben miteinander zu tun, wie ›La ilaha illallah und Muhammadur Rasulullah‹ miteinander zu tun haben. Zwischen ›La ilaha illallah und Muhammadur Rasulullah‹ gibt es einen Unterschied, ihre Bedeutungen sind nicht gleich, aber sie gehören zusammen. Sowohl von der Bedeutung als auch vom Urteil her haben sie miteinander zu tun. Der Islam und der Iman sind genauso. Wer keinen Islam besitzt, hat keinen Iman und wer keinen Iman besitzt, hat keinen Islam.«[14]

Imam Baghawi Isagte: 

»Der Prophet (saws) benutzte das Wort Islam für äußerliche Taten und das Wort Iman für innerliche Taten. Dies zeigt jedoch niemals, dass die Taten nicht zum Iman gehören oder dass die Bestätigung im Herzen nicht vom Islam stammt.«[15]

Es gibt einige Taten, deren Unterlassen dazu führt, dass sowohl der Iman als auch der Islam ungültig werden. Ebenso gibt es Taten, durch deren Unterlassen sich der Iman zwar verringert, jedoch nicht ganz verschwindet. Führt jemand Taten aus, die seinen Islam nicht zerstören und ihn nicht ungültig machen, sagten einige Gelehrte: 

»Diese Person ist kein Mu‘min, aber ein Muslim.« 

Andere Gelehrte sagten: 

»Er ist ein Mu‘min mit einem unvollkommenen Iman.« Es gibt jedoch auch solche Taten, deren Ausführung zeigt, dass die Person in ihrem Herzen keinen Iman hat und diese Taten bringen sie aus dem Islam und Iman heraus. 


[1]     Al-Hudschurat: 14

[2]     Buchari / Muslim

[3]     Buchari / Muslim

[4]     Ibn Abi Schayba / Sanad ist Sahih 

[5]     Al-Hudschurat: 15

[6]     Von Abu Hurayrah (ra) / Buchari / Muslim

[7]     Muslim

[8]     Von Abu Hurayrah / Aliman, Abu Ubayda, S. 11

[9]     Adh-Dhariyat: 35

[10]    Von Abu Hurayrah (ra) / Ahmad Ibn Hanbal

[11]    Dschamiu‘l ‚Ulum, Ibn Radschab, S. 26

[12]    Scharh Fiqhu‘l Akbar, Aliyyu‘l-Qari, S. 73

[13]    Scharh Fiqhu‘l Akbar, Aliyyu‘l Qari, S. 72

[14]    Scharh al-‘Aqidatu‘t Tahawiyyah, Ibn Abi‘l ‘Izz, S. 251

[15]    Scharhu’s Sunnah