Der Mu’min verspürt kein Mitleid, wenn die Hadd-Strafen angewendet werden

Allah (swt) sagt:

»Schlagt die (unverheiratete) Frau, die Unzucht begangen hat, und den (unverheirateten) Mann, der Unzucht begangen hat, mit jeweils einhundert Stockschlägen. Wenn ihr an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, so habt bei der Anwendung der Religion Allahs kein Mitleid mit ihnen. Und eine Gruppe von den Mu’minun soll ihre Bestrafung bezeugen (damit die Strafe abschreckend ist)[1]

Der Begriff »Mitleid« kann folgende zwei Bedeutungen haben: 

1) Während der Vollstreckung der Hadd-Strafen Trauer zu empfinden 

2) Aufgrund des Mitleids von der Anwendung der Hadd-Strafen absehen zu wollen. 

In dieser Ayah bedeutet »Mitleid« die Hadd-Strafen zu unterlassen. Während der Vollstreckung der Hadd-Strafen kann in den Herzen der Anwesenden eine Trauer entstehen. Der Grund für diese Trauer ist nicht die Vollstreckung der Hadd-Strafen, sondern vielmehr der Schmerz des Bestraften und die Demütigung und Bloßstellung in aller Öffentlichkeit. Diese Art des Mitleids ist erlaubt. Jedoch darf dieses Gefühl einen niemals dazu verleiten, von der Vollstreckung der Hadd-Strafe abzusehen, denn diese enthält ohne Zweifel großen Nutzen. 

Allah (swt) sagt:

»Und o ihr mit Verstand! In der Wiedervergeltung liegt Leben für euch (wenn ihr euch an das Urteil der Wiedervergeltung erinnert und deswegen vom Töten abseht, hättet ihr euch selbst und eurem Gegner Leben gegeben)[2]

Das Ziel der Hadd-Strafe ist nicht die Folterung des Schuldigen, sondern sie dient vielmehr als Präventivmaßnahme, die das Schlechte in der Gesellschaft noch vor einer Ausbreitung verhindert. Aus diesem Grund bringt die Vollstreckung der Hadd-Strafe nicht nur Nutzen für die Muslime, sondern gleichermaßen für alle Einwohner des jeweiligen Gebietes. 

Der Gesandte Allahs (saws) sagte: 

»Die Anwendung der Hadd-Strafen ist besser für die Menschen auf der Erde als vierzig Tage Regen.«[3]

Die Hadd-Strafe findet nur in einer Gesellschaft Anwendung, in der auch die islamische Scharia herrscht. In diesem Staat wird keine Gruppe gegenüber einer anderen Gruppe und kein Individuum gegenüber einem anderen Individuum bevorzugt. Noch bevor es zur Anwendung der Hadd-Strafe kommt, beseitigt die islamische Religion alle Wege, die zu einer solchen Strafe führen könnten. Solange noch Wege existieren, die eine Übeltat ermöglichen, wird die Hadd-Strafe nicht angewandt. Erst, wenn trotz der Beseitigung aller Wege eine Übeltat begangen wird, finden die Hadd-Strafen Anwendung. Denn in der islamischen Ordnung gilt es, die Menschen vor einer Straftat zu schützen, noch bevor eine Bestrafung stattfindet. Sollte aber der Mensch ungerechterweise das Recht eines anderen verletzen, wird er mit der entsprechenden Strafe belangt. 

Um den Straftäter zu verbessern und das Wohl der Gesellschaft zu wahren, muss die Bestrafung folgende zwei Eigenschaften besitzen: 

1) Sie muss Gerechtigkeit schaffen 

2) Sie muss eine abschreckende Wirkung erzielen 

Diese beiden Eigenschaften sind nur im islamischen System vorhanden und in sonst keinem anderen. Denn eine der wichtigsten Eigenschaften des Islam ist, dass sie uns ein absolutes System bietet, das Ordnung und Gerechtigkeit in der Gesellschaft schafft. 

Wer die Bestrafungen im Islam für zu streng hält, behauptet nichts anderes, als dass er gnädiger wäre als Allah (swt). Wären solche Menschen selbst betroffen, würden sie den Straftäter am liebsten in Stücke reißen. Ungeachtet dessen schrecken gerade diese Menschen nicht davor zurück, die Strafen Allahs (swt) als rückständig zu bezeichnen. 

In jedem anderen System, egal unter welchem Namen und zu welcher Zeit, unabhängig von der Person oder Institution, die es eingeführt hat, finden sich mit Sicherheit in ihrer Fassung oder ihrer Anwendung Mangelhaftigkeiten, Ungerechtigkeiten und Unordnung. Diese Gesetze halten stets Missbrauch, Korruption, Bevorzugung und dem damit verbundenen Unrecht eine Hintertür offen. Gewiss sind die Gesetze Allahs (swt) erhaben und fern von solchen Mängeln.


[1]     An-Nur: 2

[2]     Al-Baqarah: 179

[3]     Von Abu Hurayrah (ra) / Ibn Madschah, Sanad ist Hasan