Mit »Al-I’tirafu bi’l ‘Adschz« ist gemeint; einzugestehen, dass die Kenntnis der gemeinten Bedeutung der Mutaschabih-Nachrichten die eigene Kraft übersteigt, sowie dass das Nachforschen und Finden dieser Bedeutung weder zu den eigenen Aufgaben zählt noch dass man dazu verpflichtet ist, und dass man nicht einmal auf die Idee kommt, sich dieser Aufgabe anzunehmen.
Wer die wahre Bedeutung und die Wirklichkeit der im Qur‘an und in der Sunnah vorkommenden, einen Vergleich mit den Geschöpfen assoziierenden Mutaschabih-Begriffe über Allah (swt) nicht kennt sowie ihre Deutung und die gemeinte Bedeutung nicht versteht, muss sich seine Unfähigkeit eingestehen, die beabsichtigte Bedeutung dieser Begriffe zu verstehen.
So wie er diese im Qur‘an und in der Sunnah Allah (swt) zugesprochenen Begriffe bestätigen muss, weil sie im Qur‘an und in der Sunnah vorkommen, so muss er auch begreifen, dass er unfähig dazu ist, ihre wahre Bedeutung zu kennen. Sollte er ungeachtet dessen behaupten, die wahre Bedeutung und die Wirklichkeit dieser Begriffe zu kennen, so ist er gewiss ein Lügner. Und dies ist die Bedeutung der Aussage Imam Maliks »Ihre Modalität ist unbekannt«, d.h. es ist unmöglich, die beabsichtigte Bedeutung dieser Begriffe in aller Ausführlichkeit zu kennen.
Obwohl jene, die im Wissen weit voraus sind, sowie jene unter den Freunden Allahs, die Ihn gut kennen, bezüglich der Ma’rifatullah (die Kenntnis über Allah) die Grenze des einfachen Bürgers hinter sich ließen, das Gebiet des Ma‘rifatullah erreichten, dort umherwanderten und auf der Wüste des Ma‘rifatullah Meilen zurücklegten, ist das, was vor ihnen liegt, im Gegensatz zu dem, was sie erreicht haben, viel zu viel. Das, was ihnen ersichtlich ist, ist im Gegensatz zu dem, was ihnen verborgen blieb, sogar sehr gering. Dies rührt daher, dass die verborgenen Dinge viele und die offenkundigen Dinge sehr wenige sind.
Der Beste unter den Propheten, der Gesandte Allahs (saws) sagte:
»Mein Herr! Wie sehr ich Dich auch lobe, ich kann Deine lobenswerten Eigenschaften nicht aufzählen. Du bist, wie Du Dich selbst lobst.«[1]
Der Gesandte Allahs (saws) sagte:
»Derjenige unter euch, der Allah am besten kennt, ist der, der sich am meisten vor Ihm fürchtet. Ich bin derjenige unter euch, der Allah am besten kennt.«[2]
Schließlich ist es unmöglich, die Wirklichkeit Allahs zu begreifen, unabhängig davon, was wir dafür tun und wer wir sind. Diesbezüglich steht unsere Unfähigkeit offenkundig fest.
Der Beste unter den Siddiqin, Abu Bakr (ra) sagte:
»Das Begreifen der eigenen Unfähigkeit, die Wirklichkeit Allahs zu kennen, ist ein Begreifen. (Die Erkenntnis, dass man unfähig ist, die Wirklichkeit Allahs zu begreifen, stellt keine Unwissenheit dar, sondern das Wissen. Denn dies ist der letzte Punkt, den der Verstand erreichen kann, und dies ist auch das richtige Resultat.)«[3]
Der einfache Bürger muss sich schon von vornherein seine Unfähigkeit eingestehen, die Bedeutung dieser Begriffe zu verstehen. Dies ist auch der letzte Punkt, zu dem selbst die auserwählten Diener Allahs gelangen. Wie kann es demnach sein, dass sich der einfache Bürger nicht schon von vornherein seine Unfähigkeit eingestehen muss?
Imam Ghazali – Ildschamu’l Awam
[1]Muslim, Abu Dawud
[2]Hakim überlieferte und stufte es als sahih ein; Al-Adschluni, Kaschfu’l Khafa, 1/231. Diesem Hadith zufolge ist der Gesandte Allahs (saws) derjenige, der Allah (swt) am besten kennt. In dem Hadith zuvor sagte er jedoch, dass er nicht all Seine Eigenschaften kenne. Dies zeigt, dass es unmöglichist, Allah (swt) mit all Seinen Eigenschaften vollkommen zu begreifen.
[3]Von Abu Bakr as-Siddiq wurde folgendes überliefert: »Das Begreifen der eigenen Unfähigkeit, die Wirklichkeit Allahs zu kennen, ist ein Begreifen. Über das Wesen Allahs zu forschen ist Kufr und Schirk.« Diese Aussage hat der Fiqh- und Hadith-Gelehrte Badraddin az-Zarkaschi asch-Schafii überliefert. Die Bedeutung dieser Aussage ist folgende: Wenn der Mensch erkannt hat, dass die Existenz Allahs nicht so ist wie die Existenz der anderen existierenden Dinge und daran glaubt, dass es nicht möglich ist, Ihn sich vorzustellen, sich damit begnügt und sich nicht darin vertieft, dann wird er zugeben, dass er unfähig dazu ist, Allah zu begreifen, d.h. Seine Wirklichkeit zu kennen. Er wird keine Nachforschungen über das Wesen Allahs betreiben, um Seine Wirklichkeit zu verstehen. Und dies ist der Iman. Er wäre dann jemand, der Allah kennt und davor sicher ist, Ihn mit den Geschöpfen zu vergleichen. Sollte er sich jedoch nicht damit begnügen und stattdessen die Wirklichkeit Allahs wissen wollen, über Sein Wesen nachforschen und seine eigene Unfähigkeit nicht eingestehen, sondern sich Allah wie einen Menschen oder eine Masse aus Licht vorstellen oder als einen Körper, der sich auf einen Thron hinsetzt oder ähnliche Dinge, dann bedeutet dies, Allah (swt) zu leugnen.